Rostocker S-Bahn

1. Januar 2002 | Von | Kategorie: Themen

Dramatisch: 7,5 Minutentakt soll auf 10 Minuten ausgedünnt werden (Stand: Dezember 2001)

Neu: Konzept zur Konzept zur Rostocker S-Bahn. (52 kB, pdf-Datei) (Januar 2002)

Konkurrenzsituation zwischen Straßenbahn und S-Bahn auf der Achse zwischen Innenstadt und Nordwesten

Genaugenommen ist es falsch, beide Verkehrsmittel als Konkurrenten zu betrachten, denn sie sollen sich gegenseitig ergänzen. Hin und wieder hört man von verschiedener Seite das Argument, die S-Bahn solle mehr die überregionale Funktion übernehmen, da die Straßenbahn die Wohngebiete und die Innenstadt durch kürzere Haus zu Haus Reisezeiten besser erschließt und die S-Bahn deshalb diese Funktion nicht mehr übernehmen könne. Dieses Argument darf aber nur entlang der Straßenbahnlinie als richtig angesehen werden. Es ist in der Fachwelt weitgehend verstanden worden, daß die Einwohner sich nicht nur entlang einer Achse bewegen, sondern kreuz und quer durch die Stadt. Dieses hat jüngst auch eine Studie in Rostock wieder bestätigt. Auch wenn die Straßenbahn sich augenscheinlich nahezu parallel zur S-Bahn befindet, so erschließt sie völlig andere Gebiete. Beispielsweise wird die Straßenbahn keinen Verkehr aus Groß Klein und Schmarl der S-Bahn wegnehmen. Für eine annehmbare Reisezeit aus dem Nordwesten Richtung Hansaviertel, Südstadt, Brinckmansdorf und Nordosten spielt die S-Bahn weiterhin eine bedeutende Rolle. Nun liegt hier der Schluß nahe, es gibt überhaupt keine Probleme für die S-Bahn. Leider ist dieses nicht der Fall und zwar aus folgenden Gründen:

  1. Die RSAG stimmt die Zubringerbusse zur Straßenbahn konsequent aufeinander ab. Dieses trifft für die Abstimmung der Straßenbahnen und der Busse auf die S-Bahn leider nicht zu. Ein Beispiel von vielen: In Warnemünde fährt die Ortsbuslinie 37 gerade ab, wenn die S-Bahn einfährt.
  2. Die RSAG fährt mit kleineren Einheiten aber dafür öfters. Während des gesamten Tages besteht mindestens ein 5 Minutentakt auf den Straßenbahnhauptlinien. Dadurch gibt es lediglich kurze Wartezeiten beim Übergang vom einen zum nächsten Verkehrsmittel, was die Haus zu Haus Reisezeiten sehr verkürzt. Für die S-Bahn ist es von daher wichtig, ebenfalls in kleineren Einheiten zu fahren und dafür öfters, z.B. auch alle 5 Minuten. Dabei ist es keine Lösung, daß Bus und Straßenbahn öfters fahren, denn dieses läßt sich aus wirtschaftlichen Gründen bei weniger frequentierten Buslinien nicht vertreten. Im Gegenzug muß deshalb auf den stark frequentierten Reiserouten die Taktfolge erhöht werden, um die Gesamtreisezeiten zu verkürzen, was wesentlich preisgünstiger ist.
  3. Durch eine verfehlte Stadtplanung sind die Fußwege im Nordwesten und Nordosten zwischen Bahnhof und Haustür prinzipiell zu lang. Der entscheidende Vorteil liegt hier bei der Straßenbahn, daß sie vor den Haustüren hält. Die weiten Fußwege und die mangelhaften Verknüpfungen zwischen S-Bahn und Zubringerbussen sowie Straßenbahnen können durch andere Maßnahmen kompensiert werden. Beispielsweise wäre es für viele Einwohner attraktiv, mit dem Fahrrad zur nächsten Haltestelle zu fahren. Nun scheint diese Behauptung nicht ganz schlüssig zu sein, denn soviele Leute nutzen überhaupt kein Fahrrad, um zur Haltestelle zu kommen, und im Berufsverkehr nehmen noch nicht soviele Leute Fahrräder mit, daß es ein Problem wird. Übersehen wird hierbei, daß es viele kleine Faktoren gibt, die die Fahrgäste von der Nutzung eines Fahrrades in der Stadt generell abhält. Im Gegensatz zum Auto werden Fahrräder häufiger gestohlen und demoliert. Dabei verleiden einem das Fahrradfahren schon Kleinigkeiten wie das Klauen von Ventilen. Um also die Anreise zur S-Bahn mit dem Fahrrad attraktiv zu machen, ist ein sicheres Abstellen von Fahrrädern unerläßlich. Dies bedeutet die Einführung videoüberwachter Fahrradabstellplätze oder teilweise von Fahrradschließfächern.
  4. Es fehlt ein vergleichbares Marketing wie bei der RSAG. Beispielsweise glauben viele Rostocker, die S-Bahn führe am Wochenende allenfalls alle halbe Stunde und ziehen deshalb die Fahrt mit dem Auto nach Warnemünde vor. Maßnahmen wären beispielsweise die kostenlose Verteilung von S-Bahn Fahrplänen an die Haushalte. Dieses dürfte wesentlich effektiver und günstiger sein als manch andere Werbekampagne. Desweiteren könnten an jedem S-Bahnaufgang große Anzeigen werben, in wieviel Minuten die nächsten S-Bahnen fahren, so daß auch die vorbeifahrenden Autofahrer sehen, daß für sie eine S-Bahn gefahren wäre.
  5. Im Vergleich zur RSAG bietet die DBAG ein eher desolates Bild. Bauprojekte der RSAG werden zügig durchgeführt, die der Bahn werden weiter zurückgestellt. Dieser Kontrast wird beispielsweise bei der Umgestaltung des Haltepunktes Lütten Klein besonders deutlich. Dieses Vorgehen signalisiert der Bevölkerung, daß sich die DBAG nicht um Fahrgäste bemüht im Gegensatz zur RSAG. Daraus setzt sich in den Köpfen eine einfache Logik fest: Bahnfahren ist also „out“ und Straßenbahnfahren ist „in“.
  6. Bei der Nutzung der S-Bahn muß auf dem Weg in die Innenstadt in die Straßenbahn umgestiegen werden, obwohl dieses durch die Verlängerung der S-Bahn bis zum Friedrich-Franz-Bahnhof entfallen könnte. Dieses ist eine erhebliche Hürde, die viele Menschen zum Autofahren bewegt oder abgestimmte Bus- und Bahnverbindungen in die Stadt bevorzugen lassen.

Zur Behebung dieser 6 Punkte sind nicht nur interne Stellen bei der Bahn in der Pflicht, sondern auch der Verkehrsverbund, der die Aufgabe der Fahrplankoordination übernehmen sollte. Es ist unbestreitbar viel Energie bei den derzeitigen Strukturen nötig, um bei allen genannten Punkten einen Fortschritt zu erzielen. Man sollte dabei jedoch nicht vergessen, daß die S-Bahn gegenüber der Straßenbahn enorme Einsparungsmöglichkeiten hat:

  1. Im Berufsverkehr können mit geeignetem Wagenmaterial weitere Wagen angehängt werden, ohne zusätzliches Personal für den Betrieb zu benötigen.
  2. Die Strecke von Rostock Hauptbahnhof nach Warnemünde ist straßenkreuzungsfrei und eignet sich deshalb hervorragend für den führerlosen Betrieb. Führerlos soll hier nicht heißen, daß kein Personal mitfährt. Dieses wird weiterhin als Ansprechpartner für die Fahrgäste als Fahrkartenkontrolle und bei Störungen als Zugführer benötigt. Damit wird der Personaleinsatz optimiert; mit dem gleichen Personal kann die Zugfrequenz verdoppelt werden und es gibt weiterhin den äußerst wichtigen Ansprechpartner für den Kunden.

Keine Kommentare möglich.