Verknüpfung von Straßenbahn und Eisenbahn in der Region Rostock

10. Januar 2003 | Von | Kategorie: Themen

Vorbild Karlsruhe

Karlsruhe hat es vorgemacht: Straßenbahnen fuhren auf ganz normale Eisenbahngleise. Nennen wir solche Züge der Einfachheit halber Stadtbahnen. Zuerst (2003) wollte die Rostocker Straßenbahn AG (RSAG) gemeinsam mit der Connex-Gruppe als Ostseebahn GmbH ein Konzept mit Stadtbahnen für die Region Rostock erarbeiten und umsetzen. Inzwischen haben sich die Allianzen verändert und die RSAG schmiedet gemeinsam mit der DBAG an einem Konzept.

Eine Verknüpfung von Eisenbahn und Straßenbahn verspricht kürzere Fahrzeiten und mehr Bequemlichkeit. Direkte Verbindungen sparen Umstiege und Umstiegszeiten. Leider weisen die bisher veröffentlichten angedachten Verknüpfungspunkte zwischen Bahn und Straßenbahn keine Vorteile für die Fahrgäste auf. Entweder wird die Innenstadt gut angebunden oder der Hauptbahnhof, aber nie beide gleichzeitig zu akzeptablen Bedingungen. In den ersten Entwürfen verlängerten sich sogar die Fahrzeiten wie z.B. von Graal-Müritz zum Hauptbahnhof und die Innenstadt. In den aktuellen Entwürfen werden die Fahrtenzahlen halbiert wie z.B. Bad Doberan – Rostock und Warnemünde – Rostock. Wir stellen deshalb ein eigenes Konzept zur Diskussion.

1. Grundsätze

  • Der Hauptbahnhof muss zur vollen und halben Stunde, also den Taktzeiten im Bahnverkehr, möglichst von allen Punkten ohne Umstieg zu erreichen sein.
  • Die Innenstadt muss mindestens jede halbe Stunde von allen Punkten ohne Umstieg zu erreichen sein.
  • Es müssen direkte Verbindungen für die zur Zeit schwach frequentierte aber verkehrspolitisch wichtige Linie vom Hauptbahnhof und der Innenstadt zu den Überseefähren geschaffen werden.

2. Lösungsansatz

Möglichst jede Linie bedient sowohl den Hauptbahnhof als auch die Innenstadt. Dies reduziert die Anzahl der nötigen Linien.

3. Verknüpfungspunkte DB-Netz mit Straßenbahngleis

Wir diskutieren hier kurz verschieden Verknüpfungspunkte mir ihren Vor- und Nachteilen. Sie sind ihrer Bedeutung nach geordnet.

3.1. Verknüpfung Bramow – Werftdreieck

Vom heutigen Fahrgastaufkommen hätte eine durchgehende Linie Warnemünde – S-Bahnstrecke – Bramow – Neubaustrecke – Werftdreieck – Straßenbahnstrecke – Innenstadt den größten Gewinn an Komfort und Zeit. Sie führt allerdings auch zu den größten Nachteilen: Alle Fahrgäste auf anderen Relationen hätten Verbindungen mit geringerer Taktfrequenz oder müssten häufigeres Umsteigen in Kauf nehmen. Für die Fahrzeugumläufe ließen sich keine Ressourcen sparenden Linien schaffen. Am Werftdreieck lässt die Bundesstraßenquerung eine weitere Linie überhaupt nicht zu.

Wir sehen diese Verknüpfung erst in späteren Realisierungsstufen als sinnvoll an.

3.2. Verknüpfung Lichtenhagen (siehe Linienplan)

Heute wird die Straßenbahn an ihrem Endpunkt in der Mecklenburger Allee durch einen Bus nach Warnemünde weitergeführt. Der Bus fährt parallel zur S-Bahnstrecke. Aus diesem Grunde ergibt sich eine erhebliche Verbesserung, wenn die Straßenbahn in Lichtenhagen auf das S-Bahngleis fährt und so nach Warnemünde weiterfahren kann.

Die S-Bahnen sind im Berufsverkehr zwischen Rostock und Lichtenhagen sehr gut und im Abschnitt Lichtenhagen – Warnemünde gering besetzt. Sinnvoll wäre daher, im Berufsverkehr einen Teil der Bahnen aus der Stadt von der S-Bahnstrecke direkt nach Lichtenhagen über die Straßenbahnstrecke hineinzuführen und den anderen Teil weiter bis Warnemünde. Während am Wochenende und bei anderen verstärkten Ausflugsverkehren die Bahnen überwiegend nach Warnemünde fahren.

Beide genannten Punkte führen zu sehr guten Fahrzeugumläufen und Auslastungen. Eine parallele Buslinie wird eingespart. Wir schätzen diese Verknüpfung deshalb als die profitabelste ein.

3.3. Verknüpfung Hauptbahnhof – Innenstadt (über Blücherstraße, siehe Linienplan)

Die Regionallinien weisen heute meist nur einen Stundentakt auf. Für einen Großteil der potentiellen Fahrgäste wäre es ein erheblicher Komfortgewinn, ohne Umstieg in die Innenstadt zu kommen. Sinnvoll halten wir deshalb Regionallinien, die sowohl den Hauptbahnhof als auch die Innenstadt bedienen. Der Hauptbahnhof ist für einen Großteil der Fahrgäste als Umstiegspunkt in alle Richtungen erforderlich, während die Innenstadt für einen anderen Großteil von Bedeutung ist.

Als Verknüpfung schlagen wir die Weiterführung der S-Bahnstrecke über die Schwaaner Landstraße, Blücher- und Richard-Wagner Straße vor. Dieses sieht uns zur Zeit als die einzige preisgünstige und machbare Lösung aus, direkt am Hauptbahnhof eine möglichst kurze Strecke in die Innenstadt auszufädeln. Diese Lösung hat noch dem Charme, die neue Infrastruktur am Hauptbahnhof doch noch zu nutzen, die für die Verlängerung der S-Bahn zum Friedrich-Franz-Bahnhof gebaut worden ist. Zusätzlich werden die Linienabschnitte der Buslinien 22 und 23 zum Hauptbahnhof eingespart.

Mit dieser Verknüpfung können Stadtbahnen von allen Richtungen, also Bad Doberan, Tessin, Laage, Graal-Müritz, Schwaan und Warnemünde direkt in die Innenstadt geführt werden. Hiermit lässt sich der Verkehr entwickeln uns es wird sich zeigen, welche andere Verknüpfungen am meisten Sinn machen, um mit einem zusätzlichen Angebot direkt ohne den Umweg über den Hauptbahnhof in die Innenstadt zu fahren. Dies könnte z.B. für die Linie von Bad Doberan zutreffen.

Wir sehen diese Verknüpfung am Hauptbahnhof als die zweitwichtigste an.

3.4. Kurt-Schumacher-Ring

Hier ist der Endpunkt der heutigen Straßenbahnlinie 2 praktisch bereits mit den Bahngleisen verknüpft. Eine Weiterführung auf DB-Gleise ist mit geringstem Aufwand möglich. Eine Verknüpfung ermöglicht die Verlängerung der Straßenbahn zu den Überseefähren und Richtung Rövershagen.

Eine Verlängerung zum Überseehafen ermöglicht es, aus den beiden schwach frequentierten Angeboten der Straßenbahnlinie 2 mit der Buslinie 49 und der S-Bahn zum Seehafen eine einzige Linie zu machen. Mit einer solchen Linie wäre sowohl der Hauptbahnhof als auch die Innenstadt mit den Überseefähren verbunden.

Einer Verlängerung nach Graal-Müritz über Rövershagen können wir keinen Gewinn entnehmen: Graal-Müritz wäre nicht mehr akzeptabel an den Hauptbahnhof angeschlossen. Er wäre nur mit Umstieg zügig zu erreichen. Desweiteren ist die Fahrzeit in die Innenstadt nicht kürzer, als wenn eine Stadtbahn direkt zum Hauptbahnhof und von dort in die Innenstadt weiterfährt.

Wir sehen hier die Verknüpfung Richtung Seehafen als die drittwichtigste wegen ihres Sparpotentials an. Die Verknüpfung Richtung Rövershagen ist dagegen bedeutungslos.

3.5. Thierfelder Straße / Platz der Jugend

Hier könnte eine Stadtbahn von der Bahnlinie aus Bad Doberan auf die Straßenbahntrasse direkt in die Innenstadt wechseln. Gegenüber der Lösung die Bahn über Hauptbahnhof in die Innenstadt zu führen ergibt sich kein Zeitgewinn. Allerdings für Ziele zwischen Platz der Jugend und bis etwa Doberaner Platz würde eine solche Verknüpfung Vorteile bieten. Hier ist also die ernsthafte Frage zu stellen, ob das Fahrgastaufkommen für diese Ziele so groß ist, um eine direkte Verbindung von Bad Doberan zum Doberaner Platz einzurichten.

Wir halten es für sinnvoller, die heutige Linie 6 von der Mensa bis zum Platz der Jugend zu verlängern, dort als Linie 6 bzw. 3 weiterfahren zu lassen und an der Thierfelder Straße einen Umstiegspunkt zu schaffen. Damit erhält der Bruchteil der Fahrgäste mit Ziel Kröpeliner-Tor-Vorstadt und Hansaviertel einen Zeitgewinn. Zusätzlich würde die Straßenbahnlinie 6 besser ausgelastet. Alle vier Universitätsstandorte Südstadt, Schillingallee, Ulmenkaserne und Innenstadt wären erstmalig direkt miteinander verbunden. Die Straßenbahnen der Linie 6 wären auch zu ihren Endpunkten hin erheblich besser ausgelastet.

Unsere Bewertung daher: Diese Verknüpfung nicht realisieren. Eventuell zeigt eine Verknüpfung am Hauptbahnhof den Sinn für eine solche Verknüpfung.

3.6. Marienehe

Hier liegen die Straßenbahngleise und die S-Bahngleise parallel zu einander. Es könnte also auf zwei mögliche Weisen verknüpft werden: Vom Nordwesten Richtung Hauptbahnhof und von Warnemünde Richtung Reutershagen.

Eine Verknüpfung von Nordwesten Richtung Hauptbahnhof würde von Lütten Klein und Evershagen zu erheblich kürzeren Fahrzeiten Richtung Hauptbahnhof führen. Davon profitiert allerdings nur ein geringer Teil der Fahrgäste. Der größte Teil möchte in die Innenstadt. Wenn eine Verbindung Bramow – Werftdreieck geschaffen wird, profitiert auch dieser Teil. Der Umweg über Reutershagen entfiele.

Die Verknüpfung von Warnemünde Richtung Reutershagen würde ein Fahren von Warnemünde in die Innenstadt ermöglichen. Abgesehen vom Komfortgewinn ergäbe sich dabei kein Zeitgewinn. Einen Umstieg in die Innenstadt entfällt auch mit der Lösung, die Züge vom Hauptbahnhof weiter in die Innenstadt zu führen. Die Verknüpfung auf die andere Weise ist also vorzuziehen.

Unsere Bewertung: In einer zukünftigen Stufe eine Verknüpfung Nordwesten – Hauptbahnhof gemeinsam mit der Verknüpfung Bramow – Werftdreieck realisieren. Später deshalb, da der Komfort- und Zeitgewinn nur mit der Investition in zwei Verknüpfungspunkte realisierbar ist und für die wichtigsten Relationen bereits heute umsteigefreie Verbindungen bestehen.

3.7. Weitere Verknüpfungen? – Zusammenfassung

Wir sehen keine sinnvollen weiteren Verknüpfungsmöglichkeiten. Vielleicht gibt es bessere Lösungen das DB- und Straßenbahnnetz am Hauptbahnhof miteinander zu verknüpfen. Statt einer Verknüpfung wäre eine Weiterführung der Bahnlinie nach Warnemünde in den Ortskern und bis zum Strand zu betrachten.

Realisiert werden sollte nach unserer Meinung zuerst eine Verknüpfung in Lichtenhagen, am Hauptbahnhof und Kurt-Schumacher-Ring. Sie versprechen den größten Komfort- und Zeitgewinn mit den größten Einsparungen.

4. Linienvorschlag

Auf dem Linienplan haben wir eine Linienführung vorgeschlagen, die mit den drei von uns favorisierten Verknüpfungspunkten Lichtenhagen, Hauptbahnhof (Steintor) und Kurt-Schumacher-Ring in einem ersten Schritt Sinn machen könnten.

  • S1 Warnemünde – Lichtenhagen – S-Bahnstrecke – Hauptbahnhof – Schwaan/Laage – Güstrow
  • Z2 Wismar – Bad Doberan – Rostock – Tessin
  • Z3 Bad Doberan – Rostock – Graal-Müritz
  • K4 (Warnemünde -) Lichtenhagen – S-Bahnstrecke – Hauptbahnhof – Steintor – Straßenbahnstrecke – Lichtenhagen (- Warnemünde)
  • D5 Bad Doberan – Hauptbahnhof – Steintor – Dierkower Kreuz – Überseehafen
  • L6 Rügener Straße – Steintor – Hauptbahnhof – Mensa/Südblick
  • L7 Neuer Friedhof – Steintor – Dierkower Kreuz – Dierkow
  • L8 Südblick – Goetheplatz – Steintor – Dierkower Kreuz – Hafenallee

S: herkömmliche S-Bahn, Z: herkömmlicher Nahverkehrstriebwagen, K: Zweistromsystembahn, D: Dieselstraßenbahn, L: herkömmliche Straßenbahn

Besonderheit der Linie K4: Je nach Verkehrsaufkommen fährt diese Linie Warnemünde an oder nur bis Lichtenhagen. Vor allem an Wochenenden lassen sich viele erforderliche Verbindungen Lütten Klein – Lichtenhagen – Warnemünde schaffen. Während im Berufsverkehr eine überwiegende Führung Lütten Klein – Lichtenhagen – S-Bahntrasse – Hauptbahnhof – Innenstadt sinnvoll ist.

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