Tauziehen um den Friedrich-Franz-Bahnhof

7. Juli 2001 | Von | Kategorie: Themen

Kommt er nun oder nicht? Plakate am Hauptbahnhof verkünden die Fertigstellung des Projektes Friedrich-Franz-Bahnhof im III. Quartal 2001. Ich träumte schon davon, ab 1. November mitten in der Östlichen Altstadt bei der Ernst-Barlach-Brücke in die S-Bahn zu steigen und mit ihr an den Strand nach Warnemünde zu fahren. Ausgeträumt? Im Juni teilt unser Oberbürgermeister der Bürgerschaft mit: „Die DB AG verzichtet auf den Friedrich-Franz-Bahnhof.“ Da musste ich mir schon kräftig die Augen reiben. Gibt es wieder einen Schildbürgerstreich? Die Deutsche Bahn hat doch gerade erst am Hauptbahnhof die zusätzlichen durchgehenden S-Bahngleise zum Friedrich-Franz-Bahnhof mit den vom Land bezahlten 6 Millionen DM fertig gestellt. Und wo steckt die Deutsche Bahn die weiteren 4 Millionen DM für das Stichgleis zum Friedrich-Franz-Bahnhof und dem dortigen Bahnsteig hin? Auf dieser Seite sind einige Texte zusammengestellt, die in der Zeitung Ostpost erschienen sind. Die Ostpost wird vierteljährlich vom Verein zur Förderung der Östlichen Altstadt herausgegeben.

Oberbürgermeister Pöker im Dialog

OSTPOST: Welche Vorteile sehen Sie für sich und die Stadt mit einer Verlängerung der S-Bahn zum Friedrich-Franz-Bahnhof?

OB: Die Verlängerung der S-Bahn bis zum ehemaligen Friedrich-Franz-Bahnhof ist u. a. auch Bestandteil des „Integrierten Gesamtverkehrskonzeptes der Hansestadt Rostock“, welches am 16. Dezember 1998 durch die Bürgerschaft beschlossen wurde. Die Deutsche Bahn beabsichtigt die Verlängerung nun nicht mehr. Durch die Aufgabe dieses Vorhabens seitens der DB AG sind die sich daraus ergebenden Konsequenzen sowohl stadtstrukturell als auch städtebaulich für diesen Bereich neu zu überdenken.
Mit einem reaktivierten Friedrich-Franz-Bahnhof sollte die S-Bahn und der Regionalverkehr eine neue Citystation mit den Vorteilen der direkten fußläufigen Erreichbarkeit der historischen Innenstadt, zu der auch die Östliche Altstadt gehört und der Verknüpfung dieser mit dem S-Bahn- und Regionalbahnsystem erhalten.

OSTPOST: Die Deutsche Bahn möchte nun doch keinen Betrieb zum Friedrich-Franz-Bahnhof durchführen. Was halten Sie von dieser Entscheidung?

OB: Eine solche Entscheidung ist bei Beachtung der bislang verfolgten Ziele der Hansestadt, wie sie auch zuvor formuliert wurden, äußerst bedauerlich.

OSTPOST: Falls der Friedrich-Franz-Bahnhof tatsächlich nicht gebaut wird – welche Möglichkeiten sehen Sie zur besseren Integration der Östlichen Altstadt in die Innenstadt.

OB: Die bis dahin von DB AG und Hansestadt gemeinsam getragenen Ziele einer Verlängerung der S-Bahn bis zum Friedrich-Franz-Bahnhof beinhalten den direkten Anschluss der historischen Innenstadt an das S-Bahn- und Regionalbahnsystem und damit eine starke Verknüpfung innerhalb des Verkehrsverbundes. Für eine bessere Integration der Östlichen Altstadt als Teil der historischen Innenstadt in die Innenstadt ist die Verlängerung der S-Bahn bis zum Friedrich-Franz-Bahnhof nicht zwingend notwendig. Die weitere Integration der Östlichen Altstadt in die Innenstadt wird schrittweise verwirklicht. Einer dieser Schritte der besseren Verknüpfung der Östlichen Altstadt mit den anderen Bereichen der historischen Innenstadt ist beispielsweise die derzeitige Umgestaltung der Grubenstraße.

Geschichte des Friedrich-Franz-Bahnhofes

Der erste Personenbahnhof von Rostock wurde 1850 als Friedrich-Franz-Bahnhof eröffnet. 40 Jahre später wurde der Zentralbahnhof, der heutige Hauptbahnhof, in Betrieb genommen. Unter heftigen Protesten aus der Bevölkerung wegen des weiten Weges zur Innenstadt zog der Personenbahnhof um. Der Friedrich-Franz-Bahnhof wurde dann zum Güterbahnhof umgebaut. Über die Grubenstraße war der Postdampferanschluß zum Stadthafen gesichert, der erst mit der Inbetriebnahme der Eisenbahnverbindung vom Zentralbahnhof nach Warnemünde seine Bedeutung verlor.

Anfang der 90er Jahre wurden die Güterverkehrsaufgaben zum Bahnhof Rostock-Überseehafen verlegt. Die elektrifizierte Gleisanlage wurde 1994 noch einmal für einen S-Bahnprobebetrieb während der ersten Rostocker Verkehrstage genutzt.
Erinnerungen an den S-Bahnprobebetrieb zum Friedrich-Franz-Bahnhof 1994

Dr. Ulrich Rabe, Berater bei PTV, damals bei der DB AG Organisator des Probebetriebes:
1994 war auf dem Friedrich-Franz-Bahnhof noch einmal „großer Bahnhof“. Anlässlich der 1. Rostocker Verkehrstage fuhr man hier Ende September eine gute Woche Probebetrieb mit S-Bahnzügen durchgehend vom Hauptbahnhof bis zum Ortsgüterbahnhof an einen Behelfsbahnsteig. Den aussteigenden Fahrgästen erwarteten einige Attraktionen. Alte Loks und neue Wagen waren zu besichtigen und auf einer noch betriebsfähigen Dampflok konnte man mitfahren, was insbesondere den Kindern viel Freude bereitete.

Viele Fahrgäste äußerten sich positiv zum Probebetrieb, obwohl nur mit einem sehr ausgedünnten Fahrplan und wegen fehlender sicherungstechnischer Ausrüstung für den Personenverkehr nur mit 40 km/h Höchstgeschwindigkeit gefahren wurde. Damit waren Hoffnungen geweckt, die sich trotz Beschlussfassung im Verkehrsentwicklungsplan der Stadt (Integriertes Gesamtverkehrskonzept Hansestadt Rostock) bis heute nicht erfüllt haben.

Der Friedrich-Franz-Bahnhof war 1850 als erster Personen- und Güterbahnhof von Rostock in Betrieb gegangen und diese Aufgaben wurden vom Zentralbahnhof, dem heutigen Hauptbahnhof von Rostock, übernommen. Der Friedrich-Franz-Bahnhof verlor damit nicht nur seine wesentliche Funktion, sondern auch seinen herzöglichen Namen. Bis zur Wendezeit 1990 war er jedoch als Ortsgüteranlage für die Stadt Rostock sehr bedeutsam und trotz des neuen Hafenbahnhofs bei Toitenwinkel stets hoch ausgelastet.

Der Güterverkehr wurde nach dem Probebetrieb eingestellt, später die Fahrleitungen demontiert und zum Teil die Gleise abgebaut. Heute ist der alte Friedrich-Franz-Bahnhof eine Industriebrache. Wie konnte das die Hansestadt zulassen und warum hat der damalige OB Prof. Dr. Schröder die vereinbarten Planungen von der DB AG nicht umgehend eingfordert? Man sagt, etwa 6 Mio DM seien aus Fördermitteln in dem Umbau des Hauptbahnhofs geflossen, die die Vorraussetzung für einen durchgehenden S-Bahnbetrieb zum ehemaligen Güterbahnhof waren. Weitere 4 Mio DM verfügbare Mittel werden nicht abgefordert, die den durchgehenden Betrieb nach dem heutigen Zustand der Anlagen ermöglichen würden.

Umfangreiche Sanierungsarbeiten für die Östliche Altstadt von Rostock und die Gestaltung eines historisch bedeutsamen Stadtteiles würde zweifellos an Attraktivität gewinnen, wenn die ehemals 2000 Bewohner, inzwischen sind es mehr als 3000 und es können bis 4500 werden, verkehrlich (auch für die Besucher und Touristen) gut erreichbar wären. Damit wäre auch eine alte Funktion mit neuen Inhalten wieder belebt und insgesamt eine gute städtebauliche Lösung für die gesamte Östliche Altstadt und für das Gelände des ehemaligen Friedrich-Franz-Bahnhofes gefunden.

Initiative pro Friedrich-Franz-Bahnhof

Transparent zum Friedrich-Franz-BahnhofAnfang August bildete sich eine kleine Arbeitsgruppe aus Bewohnern der Östlichen Altstadt, um nochmals die Bedeutung des Friedrich-Franz-Bahnhofes für Rostock publik zu machen. Zu den Unterstützern gehören der Verein zur Förderung der Östlichen Altstadt und PRO BAHN. Wir hoffen, dass diese Arbeitsgruppe mit ihrer Arbeit bei den Rostocker Fraktionen ein offenes Ohr findet und sie für die Durchsetzung des Baus begeistern kann.

Weitere Berichte zum Thema

Erschienen sind Artikel in den lokalen Zeitungen Norddeutsche Neueste Nachrichten und Ostsee-Zeitung und in der Novemberausgabe 2001 des bundesweiten Straßenbahnmagazins. Eine Filmreportage wurde eine Woche lang im September 2001 im Rostocker Kabelfernsehen auf Welle-i gesendet. Der Beitrag wurde von der mediadock GmbH erstellt. Sie können sich den Beitrag unter folgenden Links ansehen:

56k-Modem/ ISDN
DSL/ Kabel

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